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Das Poesiealbum

Das Poesiealbum

„... und reißt mir keine Blätter raus, sonst ist es mit der Freundschaft aus.“ 

Hattet ihr auch ein Poesiealbum oder ein Freundschaftsbuch? Zum Glück habe ich meinen Schatz aus der Grundschulzeit aufgehoben, denn heute freue ich mich immer wieder, wenn ich beim Durchblättern die gut gemeinten Sprüche und Wünsche lese und an die Freundinnen denke, die sie mir ins Album geschrieben haben. Die liebsten Lehrerinnen und Lehrer durften auch reinschreiben, ebenso ausgewählte Onkel und Tanten. Und ganz besonders rührt mich die Seite, die meine Mutter für mich gestaltet hat.

Das Büchlein wurde herumgereicht und man war schon immens gespannt, welchen Eintrag man zurückbekommen würde. Es war immer eine Doppelseite, die man füllen durfte - rechts der Text, möglichst schön geschrieben, mit Füller versteht sich. Das war ein kurzer Reim oder Vers, eine Lebensweisheit oder sogar Ermahnung. Die linke Seite bekam eine Illustration. Das konnte ein Glanzbild sein, ein Scherenschnitt, ein gepresstes Blümchen oder eine Buntstiftzeichnung. 

Das Poesiealbum meiner Kindheit war quadratisch, etwa 15 x 15 cm groß, hatte einen gepolsterten Einband und Blankoseiten. Später wurden daraus Freundschaftsbücher, statt Glanzbildern wurden oft Postkarten oder Sticker eingeklebt. In den 1990er Jahren kamen dann Bücher mit vorgedruckten Rubriken, in denen man über sich erzählte, Hobbies, Lieblingsessen, Berufswunsch und so weiter.

Aber wann fing der Brauch des Poesiealbums überhaupt an? Bereits im 16. und 17. Jahrhundert tauchten erste Formen von Sammelbüchern auf, damals vorwiegend im studentischen Umfeld. Im 18. Jahrhundert erreichten sie den bürgerlichen Kreis. Damals waren es in erster Linie noch Erwachsene, die Freunde und Familienmitglieder einluden, kleine Gedichte, Sprüche oder persönliche Botschaften zu hinterlassen. Im 19. Jahrhundert erlebte das Poesiealbum dann einen wahren Boom, vor allem in Europa. Es wurde zu einem festen Bestandteil der Kindheit und Jugend. Zur Dekoration verwendete man gerne getrocknete Blumen, geflochtene Haarsträhnen oder Landschaftszeichnungen. In ähnlicher Form hielt es sich bis in die 1970er Jahre, nun vor allem verziert mit nostalgischen Bildchen oder bunten Zeichnungen. Wichtig war die Regel am Anfang des Büchleins: „... und reißt mir keine Blätter raus, sonst ist es mit der Freundschaft aus ...“ 

In meiner Kindheit war das Poesiealbum vorwiegend eine Sache der Mädchen. Jungs schrieben rein, wenn sie darum gebeten wurden, aber ein eigenes reichte in meiner Schulklasse keiner herum. Als ich jetzt im Freundeskreis herumfragte, wer noch eines aufgehoben hat, waren die Reaktionen immer emotional. Die einen hatten es über Jahrzehnte als einen wichtigen Schatz aufbewahrt, die anderen bedauerten, dass sie es zurückgelassen hatten. Denn es ist auch ein kleines Fenster in die Vergangenheit, das uns daran erinnert, wer wir einmal waren und wer damals für uns wichtig war.

Das Poesiealbum war ein besonderer Freundschafsbeweis. Wenn man so überlegt, was von der digitalen Kommunikation bleibt, vor allem im Privaten, wäre es doch eine schöne Sache, diesen Brauch aufzugreifen - nicht nur für Mädchen! Was auf alle Fälle bleibt, ist ein handgemachtes, persönliches Büchlein, das mit Sorgfalt gestaltet wurde - mit einem handgeschriebenen Gedicht, einer Zeichnung oder liebevoll ausgewählten Dekoration.

So funktioniert es:

Auswahl des Albums: Man beginnt mit einem leeren Album oder Blankobuch. Es kann außen schön gestaltet oder schlicht sein, die Innenseiten sind blanko und aus etwas stärkerem Papier. 

Einträge sammeln: Freunde, Verwandte oder Bekannte werden gebeten, in das Album zu schreiben. Sie hinterlassen liebevolle Botschaften, Gedichte, Sprüche oder Zitate. Manchmal werden auch Fotos, Glanzbilder, getrocknete Blüten oder kleine Andenken eingeklebt. Es ist auch ein kreativer Raum, um Zeichnungen, Doodles oder Collagen zu machen. So kann es zu einem individuellen Kunstwerk werden.

Pflege und Ergänzung: Das Poesiealbum wächst mit der Zeit. Es wird immer wieder ergänzt, wenn neue Freunde oder Familienmitglieder Einträge hinterlassen. So wird es eine lebendige Sammlung von Erinnerungen.

Bewahrung der Erinnerungen: Das Album kann über Jahre hinweg aufbewahrt werden. Vielleicht wird es sogar zu einem Familienerbstück, das Generationen verbindet.

 

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